MSD
Elevator Chat

Stellen Sie sich vor, Sie steigen in einen Fahrstuhl und treffen auf eine interessante Persönlichkeit. Was würden Sie fragen? Der MSD Elevator Chat.

Chat #10

Prof. Dr. Jürgen Krahl

Präsident der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Prof. Dr. Jürgen Krahl ist seit Ende 2016 Präsident der Technischen Hochschule OWL. In den Jahren davor forschte und lehrte er an der Hochschule Coburg in der Fakultät Angewandte Naturwissenschaften. Zudem war er mehrere Jahre als Vizepräsident für Forschung und Internationalisierung der Hochschule verantwortlich. Seit 1990 forscht Prof. Dr. Krahl zum Themenkreis Kraftstoffe und Emissionen. Von 2008 bis 2016 war er Vorstandssprecher des Technologietransferzentrums Automotive der Hochschule Coburg (TAC). Er ist Gründungsmitglied der Fuels Joint Research Group und Vorsitzender der UFOP-Fachkommission Biokraftstoffe und Nachwachsende Rohstoffe.

MSD: Lieber Jürgen, die aktuelle Corona-Krise hat den Bildungsmarkt ordentlich durcheinandergewirbelt. Wie stark musstet ihr euren Hochschulalltag umstellen, um Vorträge, Seminare und Präsenzunterricht in den digitalen Raum zu verlegen? Prof. Dr. Jürgen Krahl: An der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe reagierten wir umgehend auf die Corona-Lage und haben unsere Lehre quasi im laufenden Betrieb angepasst: zu Beginn des Semesters rein digital. Im späteren Semesterverlauf fanden einige Praktika bereits wieder in Realpräsenz statt.

Wir konnten die Vorteile einer kleineren Hochschule mit unseren drei Standorten in Lemgo, Detmold und Höxter vollumfänglich nutzen, um persönliche Begegnungen – natürlich mit Hygienekonzept – mit der digitalen Lehre zu verbinden.

Im kommenden Wintersemester setzen wir diesen Weg fort, den drei Viertel unserer Studierenden in einer Umfrage am Ende des letzten Sommersemesters gutgeheißen haben. Unseren neuen Erstsemestern wollen wir ab November 2020 bis zu 75% der Lehrveranstaltungen in Realpräsenz anbieten und wir sind überzeugt, dass wir als Hochschule im sogenannten ländlichen Raum den Studierenden Möglichkeiten anbieten, die Massenuniversitäten durch Corona leider derzeit nicht haben.


MSD: Kann man diesen erzwungenen Umstellungen auch etwas Gutes abgewinnen? Prof. Dr. Jürgen Krahl: Wir gehen gestärkt aus der Zeit. Die neuen Formate in der digitalen Lehre wären ohne Corona nicht so schnell umgesetzt worden. Wir hatten als TH OWL allerdings auch den großen Vorteil, dass wir seit vielen Jahren an der digitalen Lehre forschen und sie konsequent entwickeln. Vor einigen Jahren gewannen wir ein heute noch laufendes großes Bund-Länder-Projekt zum Thema der digitalen Lehre, auf dessen Erfahrungen wir e-didaktisch und infrastrukturell bei der Online-Lehre aufbauen konnten.

MSD: Welche Rolle spielt denn die Digitalisierung grundsätzlich an der TH OWL? Prof. Dr. Jürgen Krahl: Unser Hochschul-Claim lautet nicht ohne Grund “Working for a smarter region”. Mit anderen Worten ist die Digitalisierung unser Thema und unsere Kompetenz. Die TH OWL gehört seit vielen Jahren zu den forschungsstärksten Hochschulen in Deutschland und es ist unser Anspruch, bundesweit stets unter den sogenannten Top Ten zu sein. Wir forschen und lehren im Bereich der intelligenten technischen Systeme, der Smart Food Technology, bei der Digitalisierung der Landwirtschaft und des Kreativbereichs sowie in der Holztechnik. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Digitalisierung in der Umwelt-, Medizin- und Gesundheitstechnologie. Ich stoppe hier die Aufzählung, aber ein erster Eindruck entsteht beim digitalen Besuch des Innovation Campus Lemgo, der SmartFactoryOWL und unserem Innovation Spin. Natürlich auch unserer Homepage der TH OWL.

MSD: Und wo wir schon bei einschneidenden Änderungen sind, wer macht deiner Meinung nach langfristig das Rennen in Sachen Ablöse der fossilen Brennstoffe im Bereich der Mobilität: Elektrizität oder Wasserstoff? Prof. Dr. Jürgen Krahl: Wasserstoff ist der Kraftstoff der Zukunft – und er wird es in der Fläche wohl noch länger bleiben. Genauso richtig ist aber auch, dass Wasserstoff durch den Einsatz von Überschussstrom gewonnen werden kann. Hier liegt großes Potential.

Nachhaltige Mobilität ist aber keine Frage, die sich nur zwischen E- und H2-Antrieben unterscheidet. Es kommt bei der Suche nach dem Optimum auf viele Faktoren an: Betrachten wir Berlin Mitte oder den ländlichen Raum. Wollen die Bürgerinnen und Bürger sich neue Autos kaufen oder wollen wir Nachhaltigkeit in der bestehenden Infrastruktur? Die TH OWL arbeitet hier an vielen interessanten Konzepten, wie der Verwendung von Biogas als Kraftstoff, Power-to-Gas-Synthesen oder dem Baukastenkraftstoff Diesel R 33, der in allen heutigen Fahrzeugen funktioniert und mit allen Dieselsorten problemlos mischbar ist.

Aber auch bei der Kraftstoffforschung liegt die Zukunft in der Digitalisierung: Meine Kollegen in Lemgo arbeiten schon am Digitalen Kraftstoffzwilling und an intelligenten Systemen für die Mobilität und die sogenannte letzte Meile.

Die schnellste und sofort spürbar umsetzbare Möglichkeit, den Klimawandel im Verkehrssektor zu dämpfen, ist der Einsatz von Biokraftstoffen. Hier muss sich die Politik dringend aus ihren ideologischen Fallen befreien. Es gilt nicht abzuwarten, sondern im wahrsten Wortsinn zu nehmen, was man bekommen kann. Der Klimawandel wartet nicht.

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